Digitales Lesen

Unser Weg in die digitale Leseunterstützung

Wie alles begann

Versetzen wir uns zurück in die Jahre 2020/2021. Wir wurden konfrontiert mit Lockdown und Homeschooling. Schulen wurden lange Zeit für Externe – wie die Lesementor*innen – geschlossen, die ehrenamtliche Leseförderung lag brach.

Zu warten bis die Pandemie vorbei sein würde, war nicht akzeptabel, so die Meinung einiger Lesementorinnen. Ein neues Konzept musste auf die Beine gestellt werden, um die Grundschulkinder weiter beim Lesenlernen zu unterstützen. Dabei stand eine zentrale Frage im Raum: Wie können wir mit Hilfe moderner Medien die Distanz zwischen Kind und Lesementor*in überwinden? Damit war die Arbeitsgruppe Digitales Lesen aus der Taufe gehoben.
In 2022 nahm unsere Arbeit Fahrt auf. Zunächst suchten wir den Kontakt zu den Koordinator*innen der MENTOR-Grundschulen in Hannover und in der Region, um detaillierte Informationen über die aktuelle Situation der Lesementor*innen und die technische Ausstattung der einzelnen Schulen zu erhalten. Wir entwickelten einen Fragebogen und starteten die Interviews. Unser anfänglicher Enthusiasmus ließ vorübergehend etwas nach, als die Bestandsaufnahme ein zunehmend uneinheitliches, ernüchterndes Mosaik ergab. Die Schulen hatten entweder zum Zeitpunkt der Erhebung noch gar keinen Zugang zur digitale Welt oder nur einen sehr eingeschränkten, weil es entweder an einem WLAN-Zugang oder an Tablets mangelte.

Aber wir ließen uns nicht beirren. In einer Reihe von Interviews haben die Koordinator*innen davon berichtet, dass Lesementor*innen vermehrt Interesse an der Leseförderung anhand von digitaler Literatur (wie eBooks oder Apps) und unter Nutzung von Videokonferenzsoftware (wie sie im Homeschooling und im Homeoffice zunehmend Verbreitung fanden) geäußert hatten. Das machte uns Mut, alternative Lösungsmodelle zur klassischen Leselernhilfe zu entwickeln. Es fanden sich zwei Grundschulen, die die Kontaktaufnahme zweier Mentorinnen mit je einem Kind über die schulische Lernplattform IServ bzw. über die Software Zoom aktiv unterstützten. Diese Pilotprojekte mit der Fichteschule und der Grundschule Mühlenberg wurden umgehend gestartet und dank der pragmatischen Klärung organisatorischer Fragen seitens der Schulen erfolgreich abgeschlossen. Die daraus gewonnenen Erfahrungen wurden in einem Handout Lesen auf Distanz mit IServ und in einer Bedienungsanleitung für Zoom für alle künftigen Einsatzbereiche aufbereitet.

Nicht nur in Pandemiezeiten

Darüber hinaus arbeiteten wir uns in den umfangreichen Bereich digital verfügbarer Literatur für Kinder unterschiedlichen Alters ein, um interessierten Lesementor*innen eine große Bandbreite an Lese-Apps in Ergänzung zur gewohnten Büchervielfalt an die Hand zu geben.
Mit diesem Rüstzeug können wir ab sofort - auch außerhalb von Pandemiezeiten - ein wichtiges Ziel verfolgen, und zwar Kindern, die nicht mit Büchern aufwachsen, über Apps Lust auf die weitere Beschäftigung mit Büchern zu machen und sie für das Lesen zu begeistern. Dabei kommt uns der Umstand entgegen, dass mittlerweile Smartphones, Tablets und Online-Spiele aus Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken sind. Ca. 85% aller 6-12 jährigen Kinder nutzen zumindest gelegentlich ein Tablet.1

Zwischenfazit

Das Zwischenfazit unserer Arbeitsgruppe zum Jahreswechsel 2022/ 2023 lautet: Lesekinder haben keinerlei Berührungsängste mit der digitalen Welt. Die technischen Entwicklungen bieten wiederum den Lesementor*innen viele moderne Möglichkeiten zur Unterstützung der Leselernhilfe sowohl „in Präsenz“ (Seite an Seite mit dem Kind) als auch „auf Distanz“ (mittels Videokonferenz): z.B. Förderung des Textverständnisses mit zum Leben erweckten animierten Bildern, unmittelbare Suchmöglichkeiten für unbekannte Wörter in Online-Kinderlexika, Chat-Funktionen für kleine „Rechtschreibübungen“, jederzeit nutzbare Übersetzer-Funktionen für Kinder mit noch begrenztem deutschen Wortschatz, und vieles mehr.

Mittlerweile haben wir zu beiden Methoden des digitalen Lesens, zu „Digitalem Lesen auf Distanz“ und zu „Digitalem Lesen mit Lese-Apps“, mit interessierten Lesementor*innen verschiedener Grundschulen erfolgreich Seminare durchgeführt. Das jeweilige Feedback war groß.

Unser Ziel für 2023 ist es, die Methoden für digitales Lesen kontinuierlich weiterzuentwickeln, weitere Interessierte in eine oder in beide Methoden einzuführen, um ihre Arbeit durch die digitalen Hilfsmittel zu bereichern, sowie sukzessive eine größere Anzahl an Schulen für die Öffnung ihrer Lernplattformen für die Leselernhilfe zu gewinnen.

Bei Interesse nehmen Sie jederzeit gerne mit uns Kontakt auf.

Renate Kantorek/ Heike Landsberg
Digitales Lesen auf Distanz

Nadine Blumenthal/ Gisela Raabe-Meyer
Digitales Lesen mit Lese-Apps

 

1 Bitkom 2022 - Online-Zeit von Kindern und Jugendlichen wächst auf 111 Minuten pro Tag. Pressemitteilung 09.06.2022.